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Der Turnverein Mels experimentiert weiter

Michael Jackson turnt jetzt Boden


Dank immer neuen Ideen fasst der Turnverein Mels im Show-Geschäft immer besser Fuss. Der jüngste Wurf ist ein Boden-Programm, das ganz im Zeichen des „King of Pop“ steht.

Manchmal braucht es eine Pleite, um den Mut zu finden, etwas komplett Neues zu wagen. Vor bald sechs Jahren schied die erfolgsverwöhnte Barrenriege des Turnverein Mels an den Schweizer Meisterschaften im Vereinsturnen, dem Höhepunkt der Turnsaison, schon in der Vorrunde aus. Der Frust hielt nicht lange an. „Besser turnen können wir nicht“, sagten sich die Turner noch auf der Heimfahrt. „Also müssen wir neue Wege gehen.“ Noch an jenem Tag entstand die Idee, künftig dem „King of Rock ’n‘ Roll“ zu huldigen und eine Elvis-Presley-Nummer zu kreieren.

„Wir kamen auf Elvis, weil wir etwas wollten, das jeder kennt“, erinnert sich Marco Good, der die Barrenriege heute zusammen mit Christoph Kalberer leitet. „Trotzdem gingen wir ein Risiko ein. Wir wussten ja nicht, ob die Kampfrichter und das Publikum es goutieren würden, wenn da plötzlich eine Riege in Schlaghosen, mit Perücken und Sonnenbrillen auf dem Wettkampfplatz aufkreuzt.“ Solche Extravaganzen ist man sich im Sektionsturnen schliesslich nicht gewohnt.

Gleicher Inhalt, andere Verpackung
Dass sich das Risiko auszahlen könnte, zeichnete sich schon bei der Premiere im Frühsommer 2003 deutlich ab. Die Zuschauer reagierten begeistert, die Kampfrichter hatten am „revolutionären“ Auftritt nichts auszusetzen. „Rein turnerisch blieb sich ja auch alles mehr oder weniger gleich. Neu war nicht der Inhalt, sondern die Verpackung, also Musik, Dress oder die Spezialeffekte“, sagt Christoph Kalberer. Damit trafen die Melser den Nagel auf den Kopf. An den vier Schweizer Meisterschaften seit der schallenden Ohrfeige von 2002 holte die Barrenriege dreimal den Titel und belegte einmal den 2. Rang.

Elvis muss sich die Aufmerksamkeit mittlerweile mit anderen Grössen der Musikgeschichte teilen. Die Barrenriege hat seit zwei Jahren auch ein AC/DC-Programm im Repertoire, die Bodenriege arbeitet derzeit an einem Michael-Jackson-Programm. Nach dem „King of Rock ’n‘ Roll“ nun also der „King of Pop“.

Am Boden lieferten sich die Melser Turnerinnen und Turner in den letzten Jahren ein Kopf-an-Kopf-Duell mit dem STV Wettingen. Der kleinste Fehler konnte über Sieg und Niederlage entscheiden. „Wer das bessere Programm hatte, spielte jeweils keine grosse Rolle mehr“, blickt Leiterin Tanja Ackermann zurück. „Nachdem wir den Titel im Vorjahr quasi auf herkömmliche Art gewonnen haben, scheint uns der Zeitpunkt günstig, eine neue Richtung einzuschlagen“, sagt Mike Leuzinger, der Chef des 30-köpfigen Teams. „Wir wollen etwas, das die Leute vom Hocker haut.“

Kanada und ZDF
Mitgespielt beim Entscheid „pro Jackson“ hat aber auch die Aussicht auf vermehrte Showauftritte. Tatsächlich scheinen sich verschiedene Veranstalter einiges von der Jacko-Nummer zu versprechen. Bereits fix sind ein zehntägiges Engagement in Kanada im Juni, ein Auftritt mit Liveübertragung im ZDF-Fernsehgarten im August sowie ein viertägiger Abstecher nach Hamburg im Oktober. In Hamburg wird auch die Barrenriege dabei sein, die im letzten Jahr unter anderem in Kanada und Dänemark unterwegs war. Den Spagat zwischen Wettkämpfen und Showauftritten schaffen selbst die weniger beweglichen Melser problemlos. „Wenn wir von AC/DC auf Elvis umstellen oder umgekehrt, brauchen wir einfach etwas Zeit, um uns an die jeweilige Musik und die Takte zu gewöhnen. Von den einzelnen Übungen her ändert sich nicht viel“, sagt Marco Good. Bei aller Zeit, die in Showauftritte investiert wird, verlieren die Wettkämpfe nicht an Wichtigkeit. Denn eins ist für das Melser Leiterteam klar: Die Emotionen eines Titelgewinns kann kein „Schaulaufen“ ersetzen.

St. Galler Amateursportler des Jahres
Boden- und Barrenriege des Turnverein Mels konnten schon während der Vorbereitung auf die neue Saison einen ersten Erfolg feiern. Im Rahmen eines stilvollen Galaabends in der Kantonshauptstadt wurden die Turnerinnen und Turner als St. Galler Amateursportler des Jahres geehrt. Wie Nati-Wirbelwind Tranquillo Barnetta, der sich bei den Berufssportlern durchsetzte, wurden die Melser mit einem Check über 5000 Franken belohnt. Dank den Darbietungen der Barrenriege und der Holmikers sowie den flotten Sprüchen von Fernsehmann Sascha Ruefer war Mels in St. Gallen für einmal omnipräsent. Enttäuscht zeigte sich Ruefer einzig darüber, dass Mels nicht ganz mit der Entwicklung von Los Angeles mithalten konnte, obwohl die beiden „Metropolen“ im 19. Jahrhundert noch gleich viele Einwohner hatten.

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